Donnerstag, 5. November 2009

Die Angst, die Kontrolle zu verlieren



Dies ist ein Eintrag von Hundetrainerin und Autorin Clarissa von Reinhardt. Weitere Informationen finden Sie unter www.animal-learn.de!


Die Menschen glauben oft, die Basis einer guten Beziehung zwischen ihnen und ihrem Hund wäre, dass der Hund ihnen blind vertraue. Aber das stimmt nicht. Die Basis einer guten Beziehung ist, sich gegenseitig zu vertrauen.

Das erfordert natürlich zunächst, dem Hund eine eigene Persönlichkeit, verbunden mit entsprechen Persönlichkeitsrechten, zuzugestehen und das ist für viele Menschen sehr schwierig. Hunde sollen artig sein, das tun, was wir ihnen sagen und auf keinen Fall etwas tun, das wir unartig, peinlich, widerlich oder sonst irgendwie nicht gut finden. Und unsere Vorstellungen darüber, was wir alles „nicht gut“ finden, sind für einen Hund nicht immer leicht zu verstehen. Er soll sich nicht in Kuhscheiße wälzen, nicht das Kaminholz auf unserem Perserteppich zerkleinern, nicht in den Wald laufen und jagen – dabei sind all diese Dinge so wunderbar, findet er.

Nun gut, einiges können und sollten wir unserem Hund nicht erlauben. Es kann zu ernsthaften Problemen führen, wenn er Rehe hetzend durch den Wald jagt oder das Meerschweinchen des Nachbarn erlegt. Wir brauchen also eine gewisse Kontrolle über unseren Hund, um ihn steuern und lenken zu können. Aber warum ist es uns so wichtig, Hunde ständig zu kontrollieren. Ganze Trainingssysteme sind darauf aufgebaut, den Hund jederzeit unter Kontrolle zu haben. Er darf nur auf zugewiesenen Plätzen liegen, soll nicht zuerst durch die Tür gehen, darf nur auf Kommando fressen, einige Menschen gehen sogar so weit, dass sich der Hund nur auf ein bestimmtes Wort hin lösen darf. Es reicht nicht, wenn er irgendwie vor einem sitzt, nein, es muss in einem bestimmten Winkel sein. Wenn wir es ihm sagen, muss er sich sofort hinlegen – auch wenn der Boden kalt und matschig ist oder ihm das Ablegen aufgrund gesundheitlicher Probleme schwer fällt. Dort hat er dann zu liegen, bis wir ihm erlauben, wieder aufzustehen. Sonst wird er bestraft, denn schließlich muss er unter Kontrolle gehalten werden. Geht man so mit einem Freund um?

Machen wir einen Ausflug in die Humanpsychologie. Was wollen wir kontrollieren, was ist das Ziel dieser pedantischen Kontrolle? In der Regel kontrollieren wir das, was uns eigentlich Angst macht. Der, der uns Angst macht, soll genau das tun, was wir sagen – damit wir das Gefühl haben, ihn steuern zu können. Tatsächlich habe ich oft beobachtet, dass vor allem die Trainer und Hundehalter ihren Hund besonders streng und pedantisch führen, die ihn eigentlich fürchten, oftmals sogar eine tief sitzende generelle Angst vor Hunden haben.

Wenn wir unsere Hunde aber verstehen und ihnen vertrauen, dann brauchen wir sie nicht zu fürchten. Und wenn wir sie als Persönlichkeiten ernst nehmen, versteht es sich von selbst, dass wir ihnen eine Gefühls- und Gedankenwelt zugestehen, die der unseren in vielen Punkten ähnlich ist...

1 Kommentar:

Andrea hat gesagt…

Ich bin keine Psychologin, aber kann mir vorstellen, dass es ein Stück Angst vor dem Leben selbst ist, die man/frau durch den Hund unter Kontrolle zu bringen versucht.

Andrea