Freitag, 7. März 2008

Durch das Ohr eines Hundes


Wenn man unter meinen Hunden eine Umfrage zu ihrem meist gehassten Geräusch machen würde, wäre das grelle Heulen des Staubsaugers wohl die Nummer eins – Pfote aufs Herz! Der Pürierstab käme wohl auf den zweiten Rang. Wenn man einmal genauer über all die vom Menschen erzeugten Geräusche nachdenkt, die unsere Hunde ertragen müssen, wäre man wahrscheinlich überrascht, wie laut und unnatürlich ihr akustisches Umfeld ist (außer man lebt auf dem Land).

Allein heute morgen, zum Beispiel, hörte ich außer dem Pürierstab noch die Sirene eines Feuerwehrautos, das Heulen eines Zuges, das Radio, den Wecker, mein Handy, das Telefon, den Trockner, das Surren einer Tischsäge aus dem Garten meiner Nachbarn und das wilde und konstante Bellen eines Hundes (was sicherlich „Herrchen- verursacht“ war, da es für einen Hund sicherlich nicht normal ist, so zu bellen). Wir mögen an all das gewöhnt sein, aber diese aufdringlichen Geräusche verlangen unserem Hund und uns sicherlich etwas ab.

Dies ist ganz klar die Kehrseite der extremen Anpassungsfähigkeit von Hunden. Wir zwingen sie, viele unnatürliche und schädliche Aspekte unseres Lebens zu tolerieren – und sie sind fast ausnahmslos dazu bereit. Und zwar deshalb, weil sie Menschen ohne Einschränkungen lieben und uns zufriedenstellen möchten. Wir sollten daraus keinen Vorteil ziehen.

Angefangen darüber nachzudenken, habe ich, als ich über ein Buch von Joshua Leeds und Susan Wagner, mit dem Titel "Through a Dog's Ear" las, das im März 2008 erscheinen wird. Leeds ist Experte, was die Psychoakustik angeht (die Auswirkungen von Geräuschen auf Menschen) und Wagner ist Veterinärneurologin mit dem Spezialgebiet der Bindung zwischen Mensch und Tier. Diese Kombination an sich ist bereits fantastisch, aber dann taten sie sich auch noch mit Lisa Spector, einer Konzertpianistin und Absolventin der Juilliard Akademie zusammen. Auch sie liebt Hunde über alles und war seit sie denken kann umgeben von ihnen. Nun, es ist klar, dass ein Team wie dieses nur etwas Wundervolles hervorbringen kann – und genau das taten sie auch.
Die Autoren behaupten, dass viele Verhaltensstörungen bei Hunden auf die tägliche Einwirkung von, vom Menschen erzeugten, Geräuschen zurückzuführen sind oder sie zumindest verschlimmern. Bedenkt man, dass sehr viele Menschen beim Tierarzt angeben, ihr Hund hätte eine Verhaltensauffälligkeit (von leichter Ängstlichkeit bis hin zu starken Aggressionen), muss ganz klar Abhilfe geschaffen werden. Deshalb haben Leeds und Wagner ein Buch über die Geräusche geschrieben, vor denen Hunde Angst haben und auch über die, die Hunde gerne mögen.

Wir allen haben wahrscheinlich schon einmal gehört, dass klassische Musik eine beruhigende Wirkung auf Hunde hat. Vielleicht lassen wir sogar den Klassiksender laufen, wenn wir zur Arbeit gehen. So einfach ist es allerdings nicht. Lisa Spector und die Autoren experimentierten mit abgewandelter klassischer Musik und präsentierten die verschiedenen Versionen Hunden in Tierheimen und Hunden, die ein Zuhause haben, als methodische Maßnahme, um den Rückgang von Verhaltensauffälligkeiten, die auf Angst zurückzuführen sind, zu prüfen. Was sie herausfanden war folgendes: für alle Hunde war die beruhigendste Musik, klassische Musik einer Schnelligkeit, die auf 50 – 60 Schläge pro Minute heruntergefahren war (übrigens ziemlich das gleiche Tempo wie beim menschlichen Herzen – nur Zufall?). Die Komplexität wurde ebenfalls reduziert und so waren weniger Instrumente und weniger Instrumentarten enthalten – in den meisten Fällen spielte ausschließlich ein Klavier.

Um diese klassische Musik an den Mann zu bringen, haben Leeds und Spector zwei CDs produziert: eine 60-minütige CD und eine 45-minütige „Starter“ CD, die das Buch begleitet und die ich meinen Hunden bereits unzählige Male vorgespielt habe. Die Musik ist eigentlich sogar dafür gemacht, sowohl das menschliche- als auch das Hundeohr zu erfreuen und ich würde dieses Unterfangen einen Riesenerfolg nennen. All meine Hunde werden ganz ruhig und entspannt, sobald ich die CD einlege – und ich auch.
Man kann die CDs auf viele verschiedene Arten zur Beruhigung nutzen. Ich habe angefangen, die Musik einzuschalten, sobald ich das Haus verlasse. Man kann sie aber genauso gut während Gewittern, Feuerwerk, Besuchen von lauten Gästen, bei Krankheiten – und sogar vor dem Einschläfern eines Tieres, dem wohl schwersten Moment von allen, spielen lassen. Oder auch einfach so als Dosis zwischendurch, wie eine Multivitaminkomplex, um entspannt in den Tag zu starten.

Gleichermaßen können wir versuchen, den Lärmpegel in unserem eigenen Haushalt und der unmittelbaren Nachbarschaft zu reduzieren. Wie wäre es zum Beispiel, den Fernseher einfach auszuschalten, wenn eh niemand richtig zusieht? Wir könnten unseren Radiowecker vom Rock- zum Klassiksender wechseln oder unserem Hund ein Wort wie „laut“ beibringen, um ihm anzuzeigen, wann es gleich lauter werden wird, z.B. wenn wir vorhaben den Pürierstab zu benutzen. (Ich habe das mit meinem Druzhok, der extrem nervös war, so gemacht und er wusste es definitiv zu schätzen, weil er einfach nicht mehr so erschrak, wenn ich mal etwas Lärm machte.). Wie wäre es, mal mit den Nachbarn zu sprechen, die unnötig Lärm verursachen, wie zum Beispiel mein Nachbar, der an manchen Tagen seinen Motor bis zum Gehtnichtmehr hochjagt? Ich habe mir geschworen, immer den klassischen Radiosender einzustellen, wenn ich mit meinen Hunden im Auto fahre, anstatt Nachrichten oder Talk Shows zu hören, nach denen ich so süchtig bin.

Die Autoren des Buches betonen immer wieder, dass ein Reinigen des akustischen Umfeldes Ihres Hundes, auch für Sie gut gegen Stress und für Ihren Geist ist. Wie schon einmal jemand gesagt hat, „Tierrechte = Menschenrechte“. Dies ist schlichtweg ein weiteres Beispiel dafür.

Die Audio CD “Through a dog’s ear – Music to Calm your Canine Companion” ist zum Beispiel unter www.amazon.de erhältlich.

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